Aus der frühen Aufbauphase des ab Mai 1940 eigenständigen Konzentrationslagers Neuengamme ist nicht bekannt, ob eine eigenständige Bauabteilung bestanden hat. Es dürfte aber in der SS‑Kommandantur bereits eine Abteilung gegeben haben, die den Aufbau des KZ in dieser Phase koordinierte.
Spätestens seit 5. Juni 1940 bestand nachweislich eine „SS‑Neubauleitung Neuengamme“.
Am 27. November 1941 – zehn Tage nach der Neustrukturierung der Baudienststellen der SS durch den damaligen Chef des SS‑Hauptamtes Haushalt und Bauten (HAHuB), Oswald Pohl – wird in einem Rundschreiben des HAHuB erstmals eine „Bauleitung der Waffen‑SS und Polizei Hamburg-Neuengamme“ (BL) erwähnt. Die ersten bekannten Pläne der Bauleitung (Büro‑, Werkstatt- und Garagenbaracken im entstehenden Industriehof) sind allerdings erst auf März 1942 datiert. Zu diesem Zeitpunkt bestand im KZ Neuengamme noch keine eigenständige Zentralbauleitung. Welche Zentralbauleitung gemäß der neuen Struktur der Bauaußenstellen der SS vom 1. Februar 1942 der Bauleitung Hamburg-Neuengamme übergeordnet war und wann die Bauleitung Hamburg-Neuengamme in den Rang einer Zentralbauleitung erhoben wurde, ist nicht bekannt.
Einen Hinweis auf den Sitz der frühen „SS‑Neubauleitung“ in Neuengamme gibt der ehemalige Häftling des KZ Neuengamme František Šetina, der selbst Architekt war; unklar ist allerdings der genaue Zeitpunkt, auf den sich František Šetina bezieht. Er berichtet, dass das Baubüro der Deutschen Erd- und Steinwerke GmbH (DESt) zur Planung des neuen Klinkerwerks sich zunächst im SS‑Lager befunden habe. Kurze Zeit später sei es dann „in das kleine Häuschen rechts vom Klinkerwerk-Eingang“ umgezogen. Dort hätten sich dann sowohl das „[Bau‑]Büro für Lager [die „SS‑Neubauleitung“] und Klinkerwerk […] zusammen im Gebäude“ befunden. Bei dem „kleinen Häuschen“ dürfte es sich um die 1942 am Neuen Heerweg (heute Jean-Dolidier-Weg) bei der Verwaltungsbaracke der DESt errichtete Baracke der SS‑Wachmannschaften gehandelt haben.
Vermutlich Mitte 1942 erfolgte die Trennung der beiden Baubüros. Das DESt-Baubüro zog in die für die DESt-Verwaltung neu errichtete errichtete Baracke um und die vermutlich zu diesem Zeitpunkt bereits in den Rang einer Zentralbauleitung erhobene SS‑Bauleitung Hamburg-Neuengamme in die Bürobaracke im neu errichteten Industriehof, südlich des „Schutzhaftlagers“ (Häftlingslager).
Spätestens im September 1942 hat eine Zentralbauleitung der Waffen‑SS und Polizei Hamburg-Neuengamme (ZBL) bestanden. In einem Aktenvermerk über eine „Aussprache im KZ‑Lager Neuengamme am 4. September 1942 über Einrichtung einer neuen Fertigungsstelle beim KZ‑Lager“ wird der Zentralbauleiter Fricke als Teilnehmer genannt.
Erste Bauvorhaben, die vermutlich im Aufgabenbereich einer ZBL Hamburg-Neuengamme lagen und damit ein Hinweis auf den Zeitpunkt der Einrichtung der ZBL sein können, sind bereits in einer Aufstellung des Chefs der Amtsgruppe C – Bauwesen – im SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt (WVHA), Dr.‑Ing. Hans Kammler, vom 10. März 1942 aufgeführt. Danach waren im Rahmen des Bauprogramms des WVHA für das 3. Kriegswirtschaftsjahr in der SS‑Unterkunft Lauenburg eine Schießtandanlage, eine Kfz-Halle, eine Exerzier- und Turnhalle und eine Musterlandwirtschaft geplant, im KZ Neuengamme SS‑Unterkunfts- und Wirtschaftsbaracken, sanitäre Anlagen, Luftschutzräume und Straßenbauvorhaben, in Goslar Unterkunfts- und Wirtschaftsbaracken in der dortigen SS‑Unterkunft und in der SS‑Unterkunft Hamburg Kfz-Hallen, Sanitäranlagen und eine Tankstelle.
Der erste bekannte von der ZBL Hamburg-Neuengamme gezeichnete Plan ist allerdings erst auf den 3. Februar 1943 datiert (dabei handelt es sich um die Übertragung von Lageplanentwürfen der Amtsgruppe C – Bauwesen – im WVHA in eine rechtliche Fassung). Bis dahin waren die grundlegenden Lage- und Grundrisspläne von der Amtsgruppe C im WVHA gezeichnet worden. Ein weiterer von der ZBL gezeichneter Plan vom 1. April 1943 betrifft lediglich die Schmutzwasserentwässerung des KZ Neuengamme. Die danach folgenden anspruchsvolleren Entwurfspläne der massiven Häftlingsblocks im „Schutzhaftlager“ (u. a. vom 6. Juni 1943) sind wiederum von der Amtsgruppe C im WVHA gezeichnet worden.
Dies deutet darauf hin, dass die ZBL Hamburg-Neuengamme in Planungs- und Entwurfsfragen stark von der Amtsgruppe C im WVHA abhängig war. Offensichtlich wurde kein wichtiges Bauvorhaben von der ZBL selbst geplant. Die großen Industriebauten im KZ Neuengamme wurden von der Bauabteilung der Deutschen Erd- und Steinwerke GmbH DESt) sowie von einem von der Wehrmacht beauftragten freien Architekten geplant. Lediglich nachgeordnete Tätigkeiten wie das erstellen von Leitungspläne wurden von der ZBL geplant und von den jeweiligen Bauleitungen ausgeführt. Doch selbst diese Tätigkeiten unterlagen wie zum Beispiel bei den „Metallwerken Neuengamme“ („Walther-Werke“) der Kontrolle durch den freien Architekten Paul Alfred Richter. Auch Vorhaben wie der geplante Ausbau des KZ Neuengamme mit dem neuen Aufnahmebereich, dem Torhaus und den steinernen Häftlingsunterkünften wurden nicht von der ZBL, sondern von der Amtsgruppe C im WVHA geplant.
Die ZBL Hamburg-Neuengamme ist offensichtlich nur mit untergeordneten Tätigkeiten in der Bauleitung und ‑verwaltung befasst gewesen.
Der Zentralbauleitung Hamburg-Neuengamme lassen sich bisher lokale SS‑Bauleitungen in Schleswig-Holstein (Mölln und Neustadt/Holstein) und Niedersachsen (Verden, Goslar und Braunschweig) zuordnen, die jeweils für einzelne SS‑Bauvorhaben bzw. für Arbeitskommandos zuständig waren. Die einzelnen Bauvorhaben wurden dann meistens von Bauführen und diesen untergeordneten Bau-Kommandoführern, die den eigentlichen Häftlingsbaukommandos vorstanden, ausgeführt. Ein Bauvorhaben in Tönsheide (heute Ortsteil der schleswig-holsteinischen Gemeinde Aukrug im Kreis Rendsburg-Eckernförde) war offensichtlich keiner lokalen Bauleitung zugeordnet, sondern direkt der ZBL Hamburg-Neuengamme zugeordnet. Die ZBL Hamburg-Neuengamme war zumindest teilweise auch für die Errichtung von Barackenlagern zuständig, so zum Beispiel ab Herbst 1944 für das Außenlager Ladelund des KZ Neuengamme an der dänischen Grenze und ab Februar 1945 für das Außenlager Wöbbelin in Mecklenburg-Vorpommern. Im Großraum Hamburg wurden durch die ZBL Hamburg-Neuengamme auch Baustellen mit Materialkontingenten beliefert, auf denen keine Bauten für die SS errichtet wurden (Klinker für den „Schutzbau Wilhelmsburg“, Schamottesteine für die Hamburger Mineralölwerke E. Jung in Hamburg Wilhelmsburg und Schamottesteine für den „Schutzbau Wilhelmsburg“).
Laut Vierteljahresbericht des SS‑Standortarztes im KZ Neuengamme, Dr. Alfred Trzebinski, vom 29. März 1945 waren am 25. März 1945 vier Arbeitslager den lokalen SS-Bauleitungen zugeordnet. Danach waren in Mölln 20, in Neustadt/Holstein 15, in Verden 8 und in Goslar 15 Häftlinge eingesetzt. Es ist nicht bekannt, ob in den lokalen Bauleitungen durch Häftlinge oder SS‑Angehörige zeichnerische und Verwaltungstätigkeiten ausgeführt wurden. Lediglich bei der „Dienststelle der Bauleitung z.b.V. Hamburg-Neuengamme“ in Braunschweig mit Sitz in der dortigen Musikschule lassen sich zeichnerische Tätigkeiten durch den Dienststellenleiter SS‑Unterscharführer Hugo Berner nachweisen.
Für die ZBL Hamburg-Neuengamme war die Bauinspektion „Reich Nord“ der Waffen‑SS und Polizei bei dem Höheren SS- und Polizeiführer „Spree“ in Berlin zuständig, Leiter der Bauinspektion war SS‑Sturmbannführer Schuhbring.
Die ZBL Hamburg-Neuengamme wurde unter anderem durch die Bergedorfer Papier- und Bürobedarfshandlung Wilhelm Meyer Wwe. mit Büromaterial beliefert. Zwei Rechnungen vom 1. März und vom 1. April 1945 geben detailliert Auskunft über den Verbrauch von Büromaterial. Der Hamburger Bürowarenhandel Schacht & Westerich belieferte die ZBL Hamburg-Neuengamme 1945 zehnmal mit Büroartikeln im Wert von insgesamt 244,49 Reichsmark.