Garagenhof/Pferdestall/Waffenmeisterei

Im nordwestlichen Bereich des SS‑Lagers wurde 1940 mit dem Bau eines massiven, aus Klinkern errichteten Garagenhofes begonnen. Als erste Baumaßnahme wurden ein Transformatorenturm und eine kleine Tankstelle mit zwei Zapfsäulen errichtet. Dann wurden bis zum Frühjahr 1941 die Garagen erstellt. Dieser Gebäudekomplex bestand anfangs aus zwei Teilen: der „Kraftfahrzeughalle“ und den rechtwinklig anschließenden „kleinen Garagen“ mit Büroräumen im ersten Geschoss.

Die 37,00 m × 14,50 m große „Kraftfahrzeughalle“ war ohne Stützpfeiler konstruiert. Dazu wurde ein freitragendes Dach mit 2,10 m hohen Fachwerkträgern errichtet. In der 5,50 m hohen Halle waren die Lkw der SS untergebracht. In einer abgetrennten Halle von 8,00 m Breite befand sich eine Werkstatt, in der KZ‑Häftlinge die Dienstfahrzeuge der SS reparieren mussten. Die Zufahrt erfolgte über neun große, zweiflügelige, in sich nocheinmal zusammen klappbare Holztore. Die kleinen Garagen waren in konventioneller Bauweise errichtet. In dem 30,00 m × 6,00 m großen zweigeschossigen Gebäude waren im Untergeschoss zwei Doppel- und zwei Einzelgaragen untergebracht. Im Obergeschoss lagen verschiedene Büroräume, deren Nutzung nicht bekannt ist. Vermutlich befanden sich hier anfangs die Räume der SS‑Fahrbereitschaft.

Der Hof wurde betoniert und in Teilen mit Plastersteinen gepflastert. Zumindest zeitweise wurde die Fläche dann als Appellplatz für die SS‑Wachmannschaften genutzt.

Bis zum 30. Dezember 1942 wurde ein neben der „Kraftfahrzeughalle“ stehender hölzerner Pferdestall abgerissen und an dessen Stelle ein an den Garagenkomplex anschließender zweigeschossiger Klinkerbau errichtet. In diesem Gebäude waren nun der Pferdestall und zusätzlich die SS‑Waffenmeisterei und Räume für die Fahrer der SS‑Fahrbereitschaft untergebracht.

Der Zugang in den Pferdestall erfolgte im Erdgeschoss über ein zweiflügeliges Tor. Dem Absattelraum folgten sechs Boxen für die Pferde. Darüber befand sich ein einflügeliges Tor, das das Einbringen von Heu auf einen Heuboden ermöglichte, der über eine gerade Treppe zu erreichen war. Südlich der SS‑Lager-Straße war zeitweilig eine kleine Reitbahn mit einem provisorischen Hindernisparcours eingerichtet.

Die Räume der Waffenmeisterei und der Fahrbereitschaft waren von der Hofseite zugänglich.

Der Garagenkomplex war der funktionalen Nutzung entsprechend sehr schlicht gestaltet. Mit den für die Region typischen Stilelementen wie dem Klinkermauerwerk, dem flach geneigten und mit Teerpappe gedeckten, nach allen vier Seiten abgeschrägten Dach, der Fernsterteilung und den Garagentoren mit Fischgrätmuster wurde aber versucht, einen „gefälligen“ Eindruck zu schaffen. Lediglich durch die abgesetzten Stürze mit Rillenstruktur über den Türen und Toren war die Fassade ein wenig verziert.

Die Nutzung des zweigeschossigen Gebäudes zeigt das Hierarchieverständnis in der SS‑Ordensideologie. In diesem „repräsentativsten“ Gebäude im SS‑Lager war vor allem ein Pferdestall untergebracht, während die SS‑Hundertschaften weiterhin in hölzernen Baracken lebten.

Am 2. Mai 1945 wurde das von der SS geräumte Konzentrationslager Neuengamme von der britischen Armee übernommen. Nachdem die britische Militärverwaltung das Gelände kurzzeitig als Lager für Displaced Persons (DP‑Camp) und als Lager für deutsche Kriegsgefangene genutzt hatte, wurde ab November 1945 ein ziviles Internierungslager, das „Civil Internment Camp No. 6“ (CIC 6), eingerichtet. Die britische Armee nutzte das SS‑Lager als „Permanent Staff Camp“ zur Unterbringung der britischen Soldaten. Der Garagenhof wurde hier entsprechend weitergenutzt.

Am 6. September 1948 wurde das Gelände an die Hamburger Gefängnisbehörde übergeben, die es als „Männergefängnis Neuengamme“ weiternutzte. Im Pferdestall wurden für kurze Zeit Schweine gehalten. Die Räume wurden dann schrittweise zu Wohnräumen für Justizbedienstete umgebaut. Die Garagen konnten von den Bediensteten gemietet werden. In den 1980er-Jahren wurde über den kleinen Garagen die Revisionsabteilung der Justizbehörde untergebracht.