1943 führte die NSDAP-Organisation „Gemeinschaft Schuhe“ eine reichsweite Schuhsammelaktion durch. Das KZ Neuengamme diente bei dieser Rohstoffsammelaktion Sammellager im Norden des Deutschen Reiches. In der Nähe des Krematoriums, zwischen dem Industriehof und den Deutschen Ausrüstungswerken wurden mehrere Waggonladungen alter Schuhe zu einem großen Berg aufgetürmt. Hier wurden die Schuhe repariert, zerlegt und weiterverwertet. Zum Kriegsende hin wurden vermutlich Altschuhe auch zum Befeuern der Krematoriumsöfen genutzt.
Am 2. Mai 1945 wurde das von der SS geräumte Konzentrationslager Neuengamme von der britischen Armee übernommen. Der Schuhberg wurde als unmittelbares Indiz nationalsozialistischer Verbrechen wahrgenommen. Es wurde angenommen, dass die Schuhe von Menschen stammten, die im KZ Neuengamme getötet worden waren, oder dass sie in Auschwitz ermordeten Jüdinnen und Juden gehört hätten.
Grundlage dieser Wahrnehmung war die Internalisierung von Bildern der Befreiung des Vernichtungslagers Lublin-Majdanek im August 1944, die in der internationalen Presse veröffentlicht wurden. Bis heute symbolisieren Krematorien, Skelette und Schuhe das NS‑Lagersystem und die nationalsozialistischen Verbrechen.
Nachdem die britische Militärverwaltung das Gelände kurzzeitig als Lager für Displaced Persons (DP‑Camp) und als Lager für deutsche Kriegsgefangene genutzt hatte, wurde im November 1945 ein ziviles Internierungslager, das „Civil Internment Camp No. 6“ (CIC 6), eingerichtet. Die Altschuhe wurden in diesen Lagern vermutlich zum Teil als Heizmaterial genutzt. Was mit dem Schuhberg im Weiteren geschehen ist, ist nicht bekannt. Am 6. September 1948 wurde das Gelände an die Hamburger Gefängnisbehörde übergeben, die es als „Männergefängnis Neuengamme“ weiternutzte. Zu diesem Zeitpunkt war der Schuhberg nicht mehr vorhanden.