Kartoffelkeller/“Kantine“

Im Winter 1940 schachteten Häftlingskommandos noch während des Bodenfrostes auf der östlichen Seite der Häftlingsbaracken eine parallel verlaufende ca. 1,50 m tiefe und 120 m × 10 m große Baugrube aus. Der anschließend errichtete massive Keller ragte ca. 1 m über das Bodenniveau hinaus. Mit 120 m Länge war der Keller bzw. die später darauf errichtete Baracke etwas länger jeweils zwei längs hintereinander stehende Häftlingsbaracken.

Die Errichtung eines Kellers war bei dem hohen Grundwasserstand in den Vierlanden ungewöhnlich und bautechnisch schwierig. Zum Schutz vor drückendem Grundwasser war das 30 cm starke Kellermauerwerk von außen mit einem bitumenartigen Anstrich versehen.

Anfang 1941 wurde auf dem Keller ein 3,90 m hohes massives Gebäude aus Klinkern gebaut (Dachhöhe 5,20 m). Das Dach wurde war ein mit Teerpappe gedecktes, flach geneigtes Satteldach. Durch den über das Bodenniveau hinausragenden Keller entstand eine Art Hochparterre mit einer Höhe von 1 m. Über kleine Außentreppen mit zwei größeren Außenpodesten auf der östlichen Seite erfolgte der Zugang zur Baracke. Die Außenfassade wurde verputzt und geweißt.

In dem 1,50 m in die Erde reichenden Keller wurde der so genannte Kartoffelkeller eingerichtet. Die Größe des Kellers lässt vermuten, dass dort nicht nur Kartoffeln, sondern auch andere Lebensmittel gelagert wurden. Dies könnte der Grund für die Anlage eines Kellers gewesen sein, denn durch die Tiefe entstand eine natürliche Kühlung.

In dem massiven Gebäude wurden eine Gerätekammer und die so genannte „Kantine“ eingerichtet. In der „Kantine“ wurde allerdings kein Essen ausgegeben, sondern hier konnten Häftlinge anfangs gegen Bargeld, später bargeldlos von einem Guthabenkonto und ab der Einführung des Prämiensystems im Sommer oder Winter 1943 gegen Prämienscheine Waren von der SS kaufen.

Am 2. Mai 1945 wurde das von der SS geräumte Konzentrationslager Neuengamme von der britischen Armee übernommen. Nachdem die britische Militärverwaltung das Gelände kurzzeitig als Lager für Displaced Persons (DP‑Camp) und als Lager für deutsche Kriegsgefangene genutzt hatte, wurde im November 1945 ein ziviles Internierungslager, das „Civil Internment Camp No. 6“ (CIC 6), eingerichtet. Der gesamte südliche Bereich des KZ wurde dazu in sieben eigenständige Lager unterteilt. Die Baracke wurde in dem als Lager II bezeichneten Teil des CIC 6, dem ehemaligen „Schutzhaftlager“, in einer ähnlichen Funktion weitergenutzt. Am 6. September 1948 wurde das Gelände an die Hamburger Gefängnisbehörde übergeben, die es als „Männergefängnis Neuengamme“ weiternutzte. Die Baracke diente anfangs als Kammer, Schneiderei, Schuhmacherei und Bäckerei. Anfang 1950 wurden diese Einrichtungen anderweitig untergebracht und die Baracke im April 1950 abgerissen.