Häftlingsküche

Mitte 1940 wurde südöstlich der Unterkunftsbaracken die Häftlingsküche als eine der ersten Funktionsbaracken im „Schutzhaftlager“ (Häftlingslager) aufgebaut. Die Küchenbaracke begrenzte den noch unbefestigten Appellplatz nach Osten und die erst 1941 gepflasterte Lagerstraße führte direkt auf die Küche zu.

Die 15,00 m × 52,50 m große und 4,00 m hohe Baracke (6,00 m Dachhöhe) wurde auf massiven Fundamenten errichtet und große Dachbalken trugen das mit Teerpappe gedeckte Dach. Durch die östliche Seite des Daches waren zahlreiche Abzugsrohre und drei große Schornsteinzüge geführt, die die Funktion des Gebäudes auch nach außen sichtbar machten. Hier waren Öfen und Großküchenkocheinrichtungen untergebracht.

Auf die zum Appellplatz zeigende Seite des Daches war in großen weißen Lettern ein zynischer Sinnspruch gemalt, der aus vielen Blickrichtungen des „Schutzhaftlagers“ zu sehen war: „Es gibt einen Weg zur Freiheit!!! Seine Meilensteine heissen: Gehorsam, Fleiss, Ehrlichkeit, Ordnung, Sauberkeit, Nüchternheit, Wahrhaftigkeit, Opfersinn und die Liebe zum Vaterland!“ Der Spruch ist noch während des Bestehens des Konzentrationslagers übermalt worden. Der genaue Zeitpunkt und der Grund sind nicht bekannt, möglicherweise wurde er aber wegen der leichten Erkennbarkeit aus Aufklärungsflugzeugen entfernt.

Wahrscheinlich war noch Ende 1944/Anfang 1945 eine Erweiterung der Häftlingsküche bzw. die Errichtung einer zweiten, kleineren Küchenbaracke geplant. Östlich der Küchenbaracke wurden in der Verlängerung der Längsachse des Klinkergebäudes drei frei stehende Schonsteinzüge errichtet, die von der Größe und der Form den drei großen Schornsteinzügen der Häftlingsküche entsprachen. An den oberen Enden der Schornsteinzüge war ein Materialwechsel erkennbar, der genau der Dachneigung der Küchenbaracke entsprach. Danach wäre folgender Bauablauf anzunehmen: Zuerst werden die massiven Schornsteinzüge (und gegebenenfalls weitere massive Einbauten) aufgemauert – der Schornsteinkopf in Sichtmauerwerk, der untere Teil verputzt – und anschließend erst wird die Normbaracke aufgestellt. Auf einer Luftaufnahme vom 16. April 1945 sind an Fundamente erinnernde Strukturen erkennbar.

Am 2. Mai 1945 wurde das von der SS geräumte Konzentrationslager Neuengamme von der britischen Armee übernommen. Nachdem die britische Militärverwaltung das Gelände kurzzeitig als Lager für Displaced Persons (DP‑Camp) und als Lager für deutsche Kriegsgefangene genutzt hatte, wurde im November 1945 ein ziviles Internierungslager, das „Civil Internment Camp No. 6“ (CIC 6), eingerichtet. Der gesamte südliche Bereich des KZ wurde dazu in sieben eigenständige Lager unterteilt. Die Baracke der Häftlingsküche wurde in dem als Lager II bezeichneten Teil des CIC 6, dem ehemaligen „Schutzhaftlager“, in der gleichen Funktion weitergenutzt. Am 6. September 1948 wurde das Gelände an die Hamburger Gefängnisbehörde übergeben, die es als „Männergefängnis Neuengamme“ weiternutzte. Bis zum Neubau einer Großküche im Jahr 1952 wurde auch hier die ehemalige Häftlingsküche weitergenutzt.