Unterkunftsbaracken

Die Häftlinge im KZ Neuengamme lebten bis zur Unterbringung in den ersten zwei 1944 fertig gestellten Klinkergebäuden generell in Holzbaracken. Als Standardunterkunft dienten RAD-Baracken. Die 8,14 m × 49,50 m großen Baracken wurden ab Anfang 1940 von Häftlingen noch während des Bodenfrostes errichtet. Gegründet wurden die 2,55 m hohen Baracken (Dachhöhe 3,35 m) auf 35 cm hohen Klinkersockeln.

Die per Bahn angelieferten Fertigbauteile wurden durch das „Bahnhofskommando“ vom Bahnhof Curslack abgeholt. Nachdem die ersten drei Baracken provisorisch errichtet worden waren, wurden sie am 4. Juni 1940 sofort mit Häftlingen belegt. Bis Ende Juni 1940 wurde die erste Barackenreihe mit neun parallel stehenden und unmittelbar am Appellplatz gelegenen Baracken fertig gestellt. Bis etwa September/Oktober 1940 wurde nördlich dieser Barackenreihe im Abstand von 10 m eine zweite Reihe mit ebenfalls neun Baracken errichtet.

Nach mehrfachem Wechsel der Belegung und der Funktion der Baracken wurden schließlich 14 der 18 Baracken als Unterkünfte für die Häftlinge genutzt, die übrigen 4, im Osten gelegenen Baracken als Lager- und Werkstattbaracken.

Die Abstände zwischen den Baracken waren nicht identisch, da sie zwischen den, das ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Gelände durchziehenden Entwässerungsgräben errichtet worden waren, die erst nach der Fertigstellung verfüllt wurden.

Die Baracken der Häftlingsunterkünfte („Blocks“) wurden fortlaufend nummeriert. Die in der vorderen Reihe am Appellplatz gelegenen Baracken erhielten die Nummern 1 bis 7, die in der hinteren Reihe die Nummern 8 bis 14. Nachdem 1944 zwei zweigeschossige Klinkergebäude als Häftlingsunterkünfte fertig gestellt worden waren, wurden die Blocknummern neu vergeben. Die Holzbaracken erhielten nun die Nummern 5 bis 18, wobei die Blocks mit den ungeraden Nummern am Appellplatz standen, die mit den geraden in der Reihe dahinter.

1944 oder 1945 wurde die Nummerierung offensichtlich erneut geändert. Nach einem Bericht des ehemaligen Lagerschreibers, Herbert Schemmel, waren die Blocks in den Baracken nun von 5 bis 24 nummeriert.

Die ca. 7,5 cm dicken Barackenwände und das Dach waren 1940 noch nicht gedämmt und auch der Boden und die Inneneinrichtung fehlten.

Im Frühjahr 1941 wurde begonnen, die Baracken zu dämmen, um sie gegen Wind, Kälte und Regen zu isolieren. Auch wurden die Baracken schrittweise mit roh gezimmerten Möbeln eingerichtet.

Im Inneren bestanden die Unterkunftsbaracken („Blocks“) aus zwei Räumen. In dem kleineren, dem so genannten Tagesraum, befanden sich neben Stühlen und Bänken für die Häftlinge auch die Schlafstellen der jeweiligen Funktionshäftlinge. Der größere Raum wurde als Schlafraum genutzt. Die Blocks waren ständig überfüllt. In dreistöckigen Pritschen waren bis zu 300 Häftlinge in jedem Block untergebracht. In den Blocks standen jeweils zwei bis drei kleine Öfen, die für eine ausreichende Beheizung nicht annähernd reichten.

In der Anfangszeit verfügten die Baracken nur über einfachste Waschmöglichkeiten. Nur eine Handpumpe stand neben der Latrine an dem einen Ende der Baracke zur Verfügung. Die Latrine bestand zu diesem Zeitpunkt lediglich aus einer Sickergrube, über der ein Brett mit Löchern lag. Eine ausreichende Wasserversorgung sowie eine Kanalisation und Kläranlage, die ab Mai 1940 unter der Bauleitung der Firma Börner & Herzberger erstellt wurden, wurden erst im Laufe des Jahres 1941 in Betrieb genommen.

Ab 1941 wurden die Bereiche zwischen je zwei der längs hintereinander stehenden Baracken mit einem Klinker- und Estrichboden befestigt und überbaut, sodass durchgehende Barackengebäude von mehr als der doppelten Länge der ursprünglichen Baracken entstanden. Dort wurden dann gemeinsame Waschräume und Latrinen eingerichtet.

Die Baracken waren außen grün gestrichen, an den Giebeln der am Appellplatz stehenden Baracken waren mehrere Blumenkästen angebracht.

Vor den Baracken wurde ab 1941 jeweils ein 2 m breiter Betonweg gebaut. Die Bereiche zwischen den Latrinen wurden ebenfalls mit Betonplatten befestigt.

Die Unterkunftsbaracken wurden mehrfach neu belegt. So sind im Oktober 1941 zwei Baracken eigens abgezäunt, Pritschen und Möbel ausgeräumt und 1000 sowjetische Kriegsgefangene in die Baracken gepfercht worden.

In der Baracke Nr. 1 (nach dem Bau der Klinkergebäude Nr. 5) waren Funktionshäftlinge untergebracht. Die Bedingungen in dieser Baracke waren geringfügig besser als in den anderen Häftlingsunterkünften. Ab März 1945 wurde, neben dem westlichen Klinkergebäude, eine Unterkunftsbaracken geräumt, um dort skandinavische Häftlinge unterzubringen, die im KZ Neuengamme im Rahmen der „Aktion Bernadotte“ aus Haftstätten im Deutschen Reich zunächst zusammengefasst und dann nach Dänemark und Schweden gebracht wurden.

Je nach ihrer Funktion wurden die Baracken auch mehrfach wechselnd durch Zäune abgetrennt.

Am 2. Mai 1945 wurde das von der SS geräumte Konzentrationslager Neuengamme von der britischen Armee übernommen. Nachdem die britische Militärverwaltung das Gelände kurzzeitig als Lager für Displaced Persons (DP‑Camp) und als Lager für deutsche Kriegsgefangene genutzt hatte, wurde im November 1945 ein ziviles Internierungslager, das „Civil Internment Camp No. 6“ (CIC 6), eingerichtet. Der gesamte südliche Bereich des KZ wurde dazu in sieben eigenständige Lager unterteilt. Die Baracken der Häftlingsunterkünfte wurden als Bestandteil des als Lager Nr. II bezeichneten Teilbereichs des CIC 6 zur Unterbringung internierter NS‑Funktionsträger genutzt.

Am 6. September 1948 wurde das Gelände an die Hamburger Gefängnisbehörde übergeben, die es als „Männergefängnis Neuengamme“ weiternutzte. Die Baracken dienten hier als Unterkunft für Justizgefangene. Bei einer Besichtigung am 2. Februar 1949 wurden die Baracken jedoch von dem Bürgermeister Koch für die Unterbringung als nicht mehr geeignet erklärt. Daraufhin sind die Baracken innerhalb von zwei Wochen abgerissen und 1949/50 durch einen Neubau ersetzt worden. Die Trümmer wurden in abgebaute Tongruben zwischen dem SS‑Lager und dem Kommandantenhaus geschüttet.