Geländeplan

Zeitspuren

KZ-Standort Hamburg-Neuengamme

KZ-Standort Hamburg-Neuengamme

Das KZ Neuengamme 1938–1945

Das KZ Neuengamme wurde 1938 als Außenlager des KZ Sachsenhausen gegründet und im Frühjahr 1940 selbstständig. Bis 1945 bildete es das zentrale Konzen­trationslager Nordwestdeutschlands. Insgesamt wurden im KZ Neuengamme über 80 000 Männer und mehr als 13 000 Frauen mit einer Häftlingsnummer registriert; weitere 5900 Menschen wurden in den Lagerbüchern nicht oder gesondert erfasst. Anlass für die Lagergründung war die Ziegelproduktion für in Hamburg geplante NS-Großbauten. 1940/41 wurden die Baracken des Häftlingslagers errichtet, das 1943 bis 1945 durch Steingebäude erweitert wurde. Beim Häftlings- und SS-Lager entstanden bis 1945 immer mehr Wirtschaftsbetriebe.

Karte zu den Konzentrationslager und ihre Außenlager im Zweiten Weltkrieg

1.1

Einleitende Impulse

1.1

Exponat Flügel des Lagertores (Original)

1.3

Das Häftlingslager hatte nur ein provisorisches Eingangstor mit zwei Flügeln, von denen der linke hier ausgestellt ist. Die britische Armee sicherte den Eingang im Frühjahr 1945 durch ein zweites Tor. 1952 überließ die Stadt Hamburg die beiden linken Torflügel der französischen Regierung für eine Erinnerungsstätte. Im September 2003 wurden sie auf Vermittlung des französischen Häftlingsverbandes Amicale de Neuengamme der KZ Gedenkstätte Neuengamme übergeben.


Einlieferungen und Lagerbelegung

1.3

Im KZ Neuengamme waren überwiegend Menschen aus den besetzten Ländern Europas inhaftiert. Ab 1942 kamen zuneh­m­end in Deutschland verhaftete Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ins KZ Neuengamme. Im letzten Kriegs­jahr stieg die Zahl der Einlieferungen auf über 50 000. Insgesamt wurden 1938 bis 1945 ca. 81 000 Männer und ca. 13 500 Frauen ins KZ Neuengamme eingeliefert. Hinzu kamen 1000 sowjetische Kriegsgefangene und ca. 1500 Poli­zeihäftlinge mit eigenen Nummern. 2000 dänische Polizisten waren im Herbst 1944 wenige Tage bis zum Weitertransport inhaftiert. Sie erhielten ebenso keine Nummern wie ca. 1400 Menschen, die zur Exekution ins KZ Neuengamme gebracht wurden. Ab 1943 kam die Mehrzahl der neuen Häftlinge in Außenlager. Meh­rere Tausend Häftlinge verlegte die SS aus dem KZ Neuengamme in andere Konzentrationslager. Im Winter 1944/45 waren im Hauptlager 12 000 bis 14 000 Menschen inhaftiert, in den Außenlagern knapp 40 000.


Häftlingslager: Organisations­strukturen und Lagerordnung

1.3

Um das Häftlingslager („Schutzhaftlager“) mit wenig Personal führen zu können, stützte sich die SS auf feste Organisationsstrukturen. Mehrmals pro Tag mussten die KZ-Gefangenen zu Zählappellen in Reih und Glied antreten. Eine Vielzahl kaum einhaltbarer Verhaltensregeln bestimmte das Leben im Lager. Gehorsam und Unterordnung waren oberstes Gebot. Wer auffiel, wurde geschlagen oder auf andere Weise bestraft. Zahlreiche Aufgaben ließ die SS von ausgewählten Häftlingen ausführen. Der Ranghöchste dieser Funktionshäftlinge war der „Lagerälteste“. Ihm zur Seite stand der Lagerschreiber, der die Lagerstatistik führte. Die Blockältesten waren für die Ord­nung in den Unterkünften den SS-Blockführern verant­wortlich, die Kapos den SS-Kommandoführern an den Arbeitsstellen.


Die SS

1.3

Verantwortlich für die Leitung des Hauptlagers und der Außen­lager war der Kommandant. Das KZ Neuengamme war in Abteilungen organisiert: die Kommandantur, die Politische Abteilung (Gestapo), Schutzhaftlager, Arbeitseinsatz, Ver­wal­tung, Medizinische Abteilung und Schulung. Hinzu kamen die Wach­­mann­schaften.
Die SS-Aufseher im Häftlingslager wurden systematisch zu menschenverachtender Behandlung der KZ-Gefangenen angeleitet, die als „Staatsfeinde“, „Verbrecher“ und „Asoziale“ zu behandeln seien. Der Kampf gegen die „Feinde im Innern“ wurde dabei als notwendiger Teil des Kampfes gegen die „äußeren Feinde“ deklariert. Besonders brutale SS-Angehörige wurden durch Beförderung belohnt. Das Häftlingslager war mit Stacheldraht eingezäunt, der nachts elektrisch geladen war. Wachposten bewachten das Häftlingslager und begleiteten die KZ-Gefangenen beim Marsch zur Arbeit.


Lagermodell

1.4

1.5

Bauliche Neugestaltung Hamburgs: Die Zusammenarbeit der SS und der Stadt Hamburg

1.6

Hitler plante, Berlin, Hamburg und andere deutsche Großstädte zu Wahrzeichen des „Dritten Reiches“ zu machen. Nach einem Wettbewerb wurde 1939 der Architekt Konstanty Gutschow mit der Planung und Realisierung von Monumental­bauten am Elbufer und 1940 mit der Neugestaltung großer Teile der gesamten Stadt Hamburg beauftragt. Ziegel für die Bauten sollte unter anderem das SS-Klinkerwerk in Neuengamme liefern. Die Zusammenarbeit zwischen der SS und der Stadt Hamburg wurde auch nach der Einstellung der Neubauplanungen 1941 fort­geführt. Das Klinkerwerk stellte sich auf den Bedarf des „Amts für kriegswichtigen Einsatz“ ein. Ab 1942 produzierte das Werk Fertigbauteile aus Beton für den Luftschutz, ab 1943 für Behelfs­wohnungen, ab 1944 für Vernebelungsöfen. Außerdem stellte das KZ der Stadt Arbeitskommandos zur Verfügung, z. B. für Aufräumungsarbeiten in zerstörten Stadt­vierteln und im Hafen.


Das KZ Neuengamme als Außen­lager des KZ Sachsenhausen

1.7

Am 12. Dezember 1938 brachte die SS 100 Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen nach Neuengamme, um in einer still­gelegten Ziegelei ein Außenlager einzurichten. Die mit dem grünen Winkel als „Kriminelle“ gekennzeichneten Männer wurden auf dem Dachboden der Trockenanlage untergebracht. Sie mussten das Werk instand setzen und umbauen. Probleme mit neuen Verfahren (Trockenpressen, Tunnelöfen) erforderten immer neue Umbauten und Versuche. Die Haftbedingungen waren in dieser Zeit im Vergleich zu anderen Konzentrations­lagern erträglich.
Ab Anfang 1940 trafen weitere Häftlingstransporte aus dem KZ Sachsenhausen ein, um mit dem Aufbau eines größeren Lagers zu beginnen. Unter dem neuen Kommandanten ver­schlechterten sich die Verhältnisse schlagartig. Im Frühjahr 1940 wurde das Außenlager Neuengamme eigenständiges Konzentrationslager.


Das KZ Neuengamme und seine Umgebung

1.8

Trotz Geheimhaltung war das KZ nicht völlig isoliert. Die Men­schen aus der Umgebung begegneten den Häftlings­kolonnen und beobachteten sie bei der Arbeit, z. B. an der Dove Elbe oder am Elbhafen in Zollenspieker. SS-Hundestaffeln suchten auf Höfen und Feldern nach Entflohenen. Die so genannte „Lagerstraße“, der damalige Neuengammer Heerweg am KZ Neuengamme (heute Jean-Dolidier-Weg) war wochentags Arbeitsweg einiger Anwohnerinnen und Anwohner. Einige der SS-Männer wurden abends von jungen Frauen aus den Vierlanden, mit denen sie sich angefreundet hatten, abgeholt.
Viele lokale Firmen belieferten das KZ. In Gaststätten wurden SS-Angehörige bewirtet. Ein Bergedorfer Bestattungsunternehmen holte die Leichen aus dem KZ ab. Mehrere Betriebe in der Region beschäftigten Häftlinge, darunter eine Holzhandlung, eine Autowerkstatt, eine Bäckerei und ein Eisengeschäft.
Viele Menschen reagierten gleichgültig, andere neugierig, mitfühlend oder ängstlich auf das, was sie sahen und erfuhren.


AV-Station

1.9